Bewertungen: Ursachen, Wirkung & Blick in die Zukunft

Bewertungen im Tourismus

In allen Schulungen, im direkten Kontakt mit Vermietern & Hoteliers, aber auch in den Beratungsterminen bei Kunden aus dem Tourismus kommt das Thema „Bewertungen“ immer wieder zur Sprache – das ist so sicher wie das Amen im Gebet.

Ausgestattet durch viele Argumente dafür oder dagegen, den Erinnerungen aus vielen Diskussionen und eigenen Erfahrungen als Gast mit diversen Bewertungsportalen, möchte ich hier eine Brücke bauen und die Ursachen für negative Bewertungen, deren Wirkung beleuchten und einen kurzen Ausblick und in die Zukunft wagen.

Mögliche Ursachen für negative oder keine Bewertungen

Bewertungen - Beispiele

Die Sicht des Gastes (dramatisiert & frei erfunden)

Vielleicht haben sie das auch schon erlebt. Sie haben sich schon so auf den Urlaub gefreut. Alle Arbeit bis zum Urlaubsbeginn noch schnell erledigt, delegiert, zu Hause noch alles vorbereitet und dann endlich ist der heiß ersehnte Urlaub da. Doch dann vor Ort hält die große Freude nicht mehr lange an – ein Gefühl der Enttäuschung macht sich hingegen breit:

Im Internet hat das das so toll in Szene gesetzt und sag echt schön aus – bei bewölktem Himmel sieht das Ganze nicht mehr so wie im Internet aus. Die blauen Fliesen im Badezimmer waren doch viel heller auf den Bildern…

Das man zum abendlichen Essen gehen über eine in Plastik eingepackte pro forma Brücke aus Holzbrettern laufen muss, davon stand auf der Webseite nichts. Vor Ort erklärte man uns, dass gerade alles umgebaut wird, darum auch die günstigen Preise…

Auf der Hotelwebseite stand etwas von einem Fitnessmöglichkeiten, was mir besonders wichtig ist – bei Booking fand ich dann aber keine näheren Infos, in den Bewertungen gab’s auch keinen expliziten Kommentar dazu, aber auf einem dieser unzähligen Verzeichnisse, wo alle Unterkünfte in der Region gelistet waren, da war der Fitnessraum in der Ausstattung dabei.

Man hat mich bei der Abreise gefragt, ob bei meinem Aufenthalt alles gepasst hat. Wollte jetzt auch nicht die Liste an Punkten aufzählen, die mir so aufgefallen sind in den 2 Wochen…

Bewerten Sie uns bitte bei Holidaycheck oder Tripadvisor? Wieso, hat doch alles gepasst. Wenn ich eine Bewertung schreibe, dann will ich ja jemanden einen schlechten Trip ersparen. War doch eigentlich alles in Ordnung…

Wir waren nur 2 Nächte hier, weil wir zum Konzert gegangen sind und uns die lange Fahrerei ersparen wollten. Ob es Ausflugsmöglichkeiten in der näheren Umgebung gibt, wissen wir nicht…

 

Die Ursachen sind ganz unterschiedlich, im Grunde kann man diese aber in folgende Gruppen zusammenfassen:

  • Divergenz zwischen der Präsentation im Internet und vor Ort – schlechte Bildsprache, schlechte Fotos, unvollständige Angaben.
  • Berechtigter Mangel oder Fehler wie z.B. eine Baustelle, über die der Gast informiert werden müsste.
  • Informationen des Gastes wurden von einem Profil bezogen, das nicht (mehr) aktiv vom Gastegeber gewartet wird oder überhaupt nicht gewartet werden kann. Es handelt sich um falsche Informationen.
  • Falsches Schamgefühl – man möchte nicht in eine direkte Konfrontation geraten.
  • Man hat als Gast zu wenig Eindrücke gesammelt oder war aus einem anderen Grund für ein paar Nächte hier. Für eine Bewertung reichen die Eindrücke kaum aus.
  • Es gibt keinen Grund etwas zu bemängeln, darum schreibt man auch keine Bewertung. Der Aufwand um eine Bewertung zu erstellen ist zu hoch.

 

Die Sicht des Gastgebers (ebenfalls dramatisiert & teilweise frei erfunden)

Während dem Urlaub hatte man schon immer das Gefühl irgendetwas stimmt nicht. Aber auch nach mehrfacher Frage gab es kein Feedback vom Gast. Ein paar Tage nach der Abreise dann der Schock – eine schlechte Bewertung:

Die Buchung kam sehr knapp vor der Anreise herein. Wir hatten schon daran gedacht, wir können endlich die Matrazen in den alten Zimmern austauschen, doch dann kam eben diese kurzfristige Buchung. Was soll man tun – wenn man online buchbar ist, dann ist man halt jederzeit buchbar – das Blockieren des Wochenendes habe ich leider vergessen…

Jetzt kommt der 3 Tage noch zum alten Preis, ich hab dem Berater doch gesagt, er soll die Preise umstellen. Und dann beschwert er sich auch noch, dass ich mehr für die Endreinigung berechne. Stand doch alles klar dabei, wenn man nur 3 Tage bleibt…

Ich sag nie zum Gast – bewerten sie mich doch – ich mag diese Bewertungen nicht. Man bekommt ja sowieso nur schlechte Bewertungen. Hab ich das Not mich da bloßstellen zu lassen? Da kann mir der Experte in der Schulung noch so oft vorhalten, ich soll mich darum kümmern. Ich lauf doch nicht jedem Gast nach…

Man darf ja nichts mehr sagen und du darfst dir nichts mehr erlauben, schon hast du eine Patz’n-Bewertung picken…

Ich hab noch am gleichen Tag auf die Bewertung geantwortet, doch bei meinem Google my Business Profil wird trotzdem immer noch die schlechte Bewertung angezeigt und meine Antwort ist erst nach Klick auf den Link – Antworten – sichtbar …

Ich frage immer brav, wenn ich das Gefühl hatte, der Gast hat sich wohlgefühlt, aber es kommen einfach keine Bewertungen zustande. Ich hab den Hinweis in meiner E-Mail Signatur immer dabei…

Auch in diesen Fällen sind die Ursachen ganz unterschiedlich, man kann aber auch diese in folgende Gruppen zusammenfassen:

  • Divergenz zwischen den Erwartungen des Gastes und dem Preis für den Aufenthalt.
  • Ablehnung bzw. Angst vor schlechten Bewertungen.
  • Systemische Probleme, Abhängigkeit von Dienstleistern bzw. Komplexität der Anforderungen im Tourismus.
  • Erfolglose Versuche an Bewertungen zu kommen entmutigen.
  • Ungerechtfertigte Kritik durch Gäste.

 

Die Wirkung von Bewertungen

Als Hauptargument wird immer sofort darauf hingewiesen, dass nur negative Bewertungen gelesen werden bzw. diese im Verhältnis weitaus öfter gelesen werden.

69% aller Konsumenten suchen vor dem Kauf nach Bewertungen bzw. nach Rezensionen und Tests. Diese Tests durch „echte“ Menschen ist glaubwürdiger als „geschönte Berichte“ oder „die Werbung„. Bewertungen sind mehr als eine Informationsquelle, sie sind zentrale Anhaltspunkte im Entscheidungsprozess. Die einzige Quelle, die für den Gast als noch glaubwürdiger gilt, ist die persönliche Empfehlung durch Familienangehörige oder Freunde.

84% der Gäste lesen Bewertungen, aber nur 28% haben bereits eine eigene Bewertung verfasst. Der Anteil an passiven Nutzern ist viel größer als der aktive Teil. Es wird allgemein geschätzt. dass zwischen 15 – 25% der Bewertungen gekauft bzw. gefälscht sind.

Sind überhaupt keine negativen Bewertungen vorhanden, löst man damit ebenfalls Unsicherheit aus und vermutet eine mutwillige Verzerrung der Wirklichkeit. Im Schnitt lesen bzw. vergleichen Gäste 7 – 10 Bewertungen, bevor sie eine Entscheidung treffen.

76% aller Gäste würden für eine Unterkunft mit besseren Bewertungen tiefer in die Tasche greifen. Sind die Preise identisch, entscheidet man sich eher für die Unterkunft mit den besseren bzw. mit mehr positiven Bewertungen.

Ein gutes Ranking in den Suchmaschinen korreliert meist mit guten Bewertungen und somit auch positiven Nutzersignalen eines Besuchers auf der Webseite des Betriebes.

Viele negative Bewertungen können einen Unternehmer die Existenz kosten.

Druckmittel negative Bewertungen

In seiner schlimmsten Form werden Bewertungen auch immer mehr als Druckmittel seitens des Gastes gegnüber dem Gastgeber eingesetzt. Mit der Androhung einer negativen Bewertung wird versucht noch ein paar Prozente bei der Abrechnung herauszuschlagen.

Ziehen Sie mir nochmal 15% vom Gesamtpreis ab, sonst schreibe ich Ihnen eine negative Bewertung…

Dies ist bereits eine Form der Erpressung und müsste grundsätzlich strafrechtlich angezeigt werden. Leider ist der Beweis als Grundlage für eine Anzeige nur sehr schwer zu erbringen, da Aussage gegen Aussage steht. Kein Vermieter oder Hotelier möchte seine Rezeption per Video & Ton überwachen aus diesem Grund. Trotzdem muss sich der Tourismus etwas einfallen lassen, damit es zu solchen Situationen nicht kommen kann.

Leider gibt es aktuell keinen Mechanismus, der dies verhindert. Auch eine Bewertungsmöglichkeit des Gastgebers für den Gast gibt es nicht. De facto kann ich als online buchbarer Betrieb die Gäste kaum mehr selektieren bzw. habe ich vor dem Eintreffen der Gäste keine Möglichkeiten mich vorab zu informieren.

Das ist sicherlich die drastischte Form wie negative Bewertungen aktuell im Tourismus eingesetzt werden, darum möchten wir abseits dieser Schattenseite einen Ausblick in die Zukunft wagen.

Ein Blick in die Zukunft von Bewertungen

Bewertungen sind nicht mehr wegzudenken, das Verhalten vor einem Kauf bzw. einer Buchung zuvor nocheinmal im Internet zu prüfen, ob es etwas Negatives zu lesen gibt ist fix im Entscheidungsprozess einzementiert und das wird es auch die nächsten Jahre noch bleiben.

Wo es Handlungsbedarf gibt ist meiner Meinung nach an den Bewertungssystemen selbst. Bei manchen Bewertungsportalen zum Beispiel wird es so gehandhabt, dass keine Antwort bei einem Einzelpunkt als negativ gewertet wird anstatt diesen Punkt nicht in die Bewertung miteinzubeziehen. Bei einer anderen Bewertungsmethode gibt es überhaupt nur die berühmten 5 Sterne, Sonnen, Kreise oder dergleichen, die einem Gast kaum eine Wahl lassen als zumindest einen Punkt abzuziehen, auch wenn es nur um eine Kleinigkeit geht. Die Pflichtfelder sollten im Detail nochmal überdacht werden.

Im Gegensatz zum Portal Tripadvisor, wo der Bewerter ein Profil anlegen muss, setzen Buchungsportale auf das Konzept „schnell & unkompliziert“ und ermöglichen es dem Gast anonym eine Bewertung abzugeben. Das muss aus meiner Sicht abgestellt werden.

In den sozialen Netzwerken können Bewertungen überhaupt ohne jeden Nachweis hinterlassen werden. Auf einer Facebook Fanpage kann ich ohne jemals bei einem Betrieb zu Gast gewesen sein eine Bewertung hinterlassen. Bei Google+ in Verbindung mit Google my Business werden auch keinerlei Prüfungen durchgeführt, ob der Bewerter überhaupt im z.B. Restaurant überhaupt gegessen hat. Die Prüfungen der Bewertungen müssen aufgrund ihrer großen Bedeutung verschärft werden und nicht nur mittels Stichproben zur Abschreckung kontrolliert werden.

So handhabt derzeit z.B. Holidaycheck die Qualitätssicherung:

Wenn Sie möchten, dass Ihre Hotelbewertung den Vermerk „Nachweis erbracht“ bekommt, senden Sie uns bitte Ihre Buchungsbestätigung oder eine Kopie der Hotelrechnung per Post, Fax oder Mail…

Für Gastgeber muss es eine einfache und unkomplizierte Möglichkeit geben ungerechtfertigte Bewertung entfernen zu lassen. Leider gibt es immer noch zahlreiche Betriebe, die Bewertungen ablehnen bzw. sich nicht um die Verwaltung ihres Betriebes auf den wichtigsten Bewertungsplattformen kümmern und im schlimmsten Fall nicht einmal wissen, dass sie negativ bewertet wurden.

 

Fazit

Bewertungen sind aus keinem Bereich im Online Business mehr wegzudenken. Generell müssen sich Gast und Gastgeber aber wieder ins Bewusstsein rufen, wie schwerwiegend Bewertungen wirken können. Ich habe deshalb versucht ein paar Tipps zusammenzufassen, die für den Umgang mit Bewertungen von Gast und Gastgeber hilfreich sein können:

Für Gastgeber

  • Verwalten Sie ihre Profile auf den Bewertungsportalen aktiv – fordern Sie die Inhaberschaft für ihren Betrieb an. Damit werden Sie bei jeder Bewertung direkt per E-Mail informiert und können so zeitnah reagieren.
  • Halten Sie sich an die „10 Gebote für schlechte Bewertungen„, bleiben Sie sachlich und lassen Sie sich nicht durch eine Bewertung persönlich angreifen/kränken.
  • Sehen Sie Bewertungen in Zukunft als Auszeichnung an. Belohnen Sie Gäste, die eine positive Bewertung hinterlassen haben beim nächsten Mal.
  • Versuchen Sie einmal auch auf positive Bewertungen zu antworten. Gäste schätzen es, wenn man ernstgenommen wird und man signalisiert damit, dass man sich dem Feedback annimmt.
  • In Streitfällen bzw. bei Bewertungen, die unwahre Behauptungen enthalten, liegt die Beweislast beim Gast bzw. beim Bewertungsportal.
  • Gibt es eine Vor-Form der Erpressung bzw. den Versuch dieser, dann kontaktieren Sie unverzüglich das Portal und teilen Sie diesem die Details über den Gast mit, damit die Veröffentlichung und der Schaden einer möglichen Bewertung im Voraus verhindert werden kann.

Für Gäste

  • Wenn Sie bei ihrem Urlaub rundum zufrieden waren, dann helfen Sie dem Gastgeber mit einer guten & ehrlichen Bewertung.
  • Gibt es etwas, das sie stört oder mit dem Sie ein Problem haben, dann nehmen Sie zunächst vor Ort Kontakt mit ihrem Gastgeber auf – nur keine falsche Schüchternheit – ihr Gastgeber wird es ihnen danken und sich dem Problem annehmen.
  • Reagiert man nicht auf ihr Feedback, dann schreiben auch Sie eine sachliche Bewertung ihrer Eindrücke.
  • Kommen Sie zuerst einmal zu Hause an, bevor sie in die Tastatur klopfen um ihre Enttäuschung loszuwerden. Überlegen Sie gut, ob Sie den Gastgeber über das Internet und die Öffentlichkeit an den Pranger stellen möchten – versetzen Sie sich in die gleiche Lage, bevor Sie einfach Dampf ablassen.
  • Ist eine Kritik gerechtfertigt, wird vom Gastgeber weder vor Ort noch später als Antwort auf die Bewertung kommentiert, haben Sie ihre Pflicht als Gast erfüllt.

 

Ansonsten bleibt nur eines zu sagen und zwar wie überall im Leben gilt „Seid nett zueinander“ – das hilft. Versprochen!

 

Quellen:
https://econsultancy.com/blog/65487-online-reviews-work-so-why-do-so-few-hotels-use-them
https://econsultancy.com/blog/64450-the-pitfalls-of-online-reviews
http://www.oehv.at/ – ÖHV Präsentation „Reputationsmanagement“ von Oliver Wolf
http://www.holidaycheck.at/kundenservice
https://www.tripadvisorsupport.com/hc/de/articles/200614797-Unsere-Richtlinien-f%C3%BCr-Bewertungen-von-Reisenden

Markus Mairinger Mein Name ist Markus Mairinger ich schreibe hier in diesem Blog und biete Ihnen als Agentur den perfekten Service für Ihren touristischen Betrieb. Meine Expertise liegt vorallem im Bereich strategische Entwicklung, Webkonzeption, Suchmaschinenoptimierung und der Webtechnik. Ich selbst bin neugierig und interessiert, wohin die Reise im Tourismus geht. Ideen gibt's genug...

 

Keine Kommentare »

No comments yet.

 

RSS feed for comments on this post. TrackBack URL

Leave a comment